TH01 MKI
sculptural | sitting furniture | lines
"Die Grenzen sind undeutlich und beweglich. Hier hängt alles von den Proportionen ab, wie es auch bei dem Punkt der Fall war. Das Absolute wird vom Relativen zu undeutlich vermindertem Klang -gebracht. In der Praxis ist das ‘An-die-Grenze-Gehen‘ viel präziser ausgesprochen, als nur rein theoretisch. ‘An-die-Grenze-Gehen‘ ist eine mächtige Ausdrucksmöglichkeit, ein gewaltiges Mittel (schließlich ein Element) zu kompositionellen Zwecken. " Wassily Kandinsky
„Aristoteles arbeitet den Kontrast von Zeitpunkt einerseits und Dauer andererseits heraus. Das Problem der Gegenwart, des Gegenwartspunktes ist es, das beim Begreifen der Zeit zu lösen wäre. Denn wenn die Zeit zusammen gesetzt ist aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, dann ist es nur Vergangenheit und Zukunft, die eine gewisse Ausdehnung besitzen. Nur die Gegenwart ist es, die existiert. Die Vergangenheit ist nicht mehr, die Zukunft noch nicht. Die Gegenwart ist also einerseits das Reale an der Zeit, andererseits ist sie flüchtig bis zum Verschwinden.“
Lorenz Engel
Process
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Grenzen sind festgelegte Konstrukte, die durch bestimmte Gegebenheiten wie physische Fähigkeiten, technischer Fortschritt, persönlichem Empfinden etc. charakterisiert sind. Grenzen sind keine statischen Endpunkte, sondern definieren den momentanen Stand der Dinge. Sie sind jedoch jederzeit neu definierbar. Bei der Betrachtung der Geschichte des Brückenbaus beispielsweise wird dies verdeutlicht: Zuerst konnte nur ein schmaler Fluss überquert werden mithilfe eines Baumstammes. konnte. Mit der Zeit hat sich diese Grenze, bedingt durch den technischen Fortschritt, immer wieder verschoben, sodass nun in unserer heutigen Zeit kilometerlange Brücken gebaut werden.
Darüber hinaus habe ich mich immer mehr mit dem Zusammenhang zwischen Punkt, Linie und Fläche beschäftigt. Des Weiteren setzte ich mich mit der Fragestellung auseinander, wo sich dort die Grenzen befinden, wann ein Punkt zur Linie und die Linie zur Fläche wird.
Nach Heraklits Ansichten in Bezug auf die Realitätswahrnehmung, besteht die Wirklichkeit nicht aus festen Gegebenheiten, sondern ist dem stetem Wandel ausgesetzt. Alles was wir als Gegenstände wahrnehmen, ist seiner Meinung nach eine Ansammlung vieler kleinster punktförmiger Elemente, die sich ständig bewegen, gruppieren und umgruppieren.
Nach eleatischer Überzeugung können Gegenstände jedoch keinesfalls als eine wie immer geordnete Menge von Punkten verstanden werden.
Denn der Punkt besitzt keine wahrnehmbare Ausdehnung und hat somit den Faktor Null. Mathematisch gesehen, ergibt jede beliebige Ansammlungen von Nullen am Ende Null. Erfährt ein Punkt eine Ausdehnung entsteht eine Linie und wird dadurch wahrnehmbar.
Ausgehend von den dargelegten Ansätzen habe ich TH01_MK01 entworfen.
TH01_MK01 ist ein skulpturales Sitzmöbel, welches nur aus Linien besteht und damit jedoch Flächen erzeugen kann, die wiederum als Sitzfläche dienen.
Aus einem Grundgerüst aus brünierten Stahlrohren erstrecken sich fünf weitere Stahlrohre, die mit Gelenken versehen sind, um sowohl den Neigungswinkel als auch den Rotationswinkel verändern zu können. Durch die dazwischen gespannten halbtransparenten Silikonschnüre entstehen unterschiedliche Strukturen, die einerseits zum Sitzen geeignet sind, anderseits nur ihren skulpturalen Wert zum Ausdruck bringen. Dadurch bleibt es dem/der Benutzer/in überlassen, wie er/sie TH01 MKI benutzen möchte. Durch die Nutzung kann man somit unterschiedlichste Variationen und Momente kreieren, auf denen man sitzen kann.
Durch die Verwendung von hauptsächlich rasterlos verstellbaren Gelenken, wird die Vergänglichkeit der Gegenwart zum Ausdruck gebracht. Folglich ist jede Komposition von TH01 MKI einzigartig. Man kann zwar jederzeit eine Annäherung an die vorherige Variante erzeugen, wird aber niemals exakt den gleichen Winkel ein erneutes Mal treffen können.
CREDITS
Model: Daniel Diermeier www.diermeierdaniel.com
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Dank: Janik Sailer, Michel Lörz, Daniel Diermeier